Doris Bischof-Koehler Portrait

Zur Person

portraitDoris Bischof-Köhler ist Professorin für Psychologie an der Ludwig Maximilian Universität, München.

Kinder und Gänse: Von Oberbayern nach Südkalifornien

Nach dem Psychologiestudium in Tübingen und München heiratete Doris Köhler Norbert Bischof und arbeitete zunächst in einer Münchner Erziehungsberatungsstelle. In der Folge unterbrach sie die Berufstätigkeit, um sich der Betreuung ihrer drei Töchter zu widmen. Nachdem diese eingeschult waren, beteiligte sie sich als wissenschaftliche Hilfskraft an Projekten ihres Mannes, der Assistent von Konrad Lorenz am Max-Planck-Institut in Seewiesen war.

Die Zeit in Seewiesen brachte eine intensive Berührung mit der Biologie im Allgemeinen und den ungeheuer spannenden Ergebnissen der Verhaltensforschung im Besonderen. Nach dem Weggang von Konrad Lorenz im Jahr 1973 zog die Familie Bischof für knapp zwei Jahre nach Los Angeles. Während dieses Aufenthaltes besuchte Doris Bischof-Köhler regelmäßig psychoanalytische Seminare an der Reiss-Davis-Klinik in Beverly Hills.

Zürich: Von der Ehetherapie zur Entwicklungspsychologie

Nachdem Norbert Bischof 1975 einen Ruf als Ordinarius für Psychologie an die Universität Zürich angenommen hatte, erfolgte die Übersiedlung der Familie in die Schweiz. Die ursprüngliche Intention, Psychoanalytikerin zu werden, ließ Doris Bischof-Köhler fallen, um sich stattdessen am Institut für Ehe und Familie in Zürich zur systemischen Ehe-und Familientherapeutin ausbilden zu lassen. Gleichzeitig arbeitete sie als freiberufliche Mitarbeiterin bei der Stiftung für Humanwissenschaftliche Grundlagenforschung. Dabei stand, wie schon in Seewiesen, eine evolutionsbiologische Betrachtung und die Frage nach dem spezifisch Menschlichen im Vordergrund.

Für Doris Bischof-Köhler wurde zunehmend deutlich, daß ihr eigentliches Interesse der Forschung galt. Diese Intention konnte sie ab 1983 am Psychologischen Institut der Universität Zürich in der Abteilung von Norbert Bischof zunehmend realisieren, wobei die besondere Konstellation, die Ehefrau des Institutsdirektors zu sein, eine feste Anstellung ebenso ausschloß wie die Möglichkeit, an der Zürcher Uni zu promovieren. Dessen ungeachtet vertrat Doris Bischof-Köhler in der Folge 15 Jahre lang als Lehrbeauftragte die gesamte Lehre im Fach Entwicklungspsychologie.

Forschung: Von Spiegeln, Zeitreisen und dem kleinen Unterschied

Ihre Forschungsvorhaben konnte Doris Bischof-Köhler zunächst im Rahmen einer studentischen Projektgruppe, später auch mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds, verwirklichen. Ihr besonderes Interesse galt der Frage, wie sich soziale Erkenntnisformen bei Kleinkindern entwickeln. Aufgrund evolutionsbiologischer Überlegungen postulierte sie, daß Kinder, sobald sie sich im zweiten Lebensjahr selbst im Spiegel erkennen, auch in der Lage sein sollten, empathisch zu reagieren. Diese Vorhersage ließ sich mit unerwarteter Deutlichkeit empirisch belegen. Mit diesem Thema promovierte Doris Bischof-Köhler 1988 an der Universität Konstanz. Für ihre Dissertation erhielt sie den Förderpreis der «Stiftung für Wissenschaft und Gesellschaft der Universität Konstanz».

Ein weiteres Forschungsprojekt betrifft die im vierten Lebensjahr einsetzende Fähigkeit, über Bewußtseinsvorgänge zu reflektieren, die in der Wissenschaft unter dem Stichwort «Theory of Mind» abgehandelt wird. Doris Bischof-Köhlers Forschungsgruppe konnte bei Vierjährigen den bisher nicht bekannten Zusammenhang von Theory of Mind und Zeitverständnis nachweisen. In der daraus resultierenden Fähigkeit, «auf Zeitreise zu gehen» und nicht aktuelle Bedürfnisse bei der Handlungsplanung zu berücksichtigen, sehen Doris und Norbert Bischof einen entscheidenden Schritt, der Tiere – einschließlich der Anthropoiden – vom Menschen unterscheidet. Tatsächlich ließ sich zeigen, daß Kinder, sobald sie über die genannten Fähigkeiten verfügen, Motivkonflikte angemessener bewältigen und Wünsche besser aufschieben können.

Die Ergebnisse beider Forschungsprojekte dokumentierte Doris Bischof-Köhler in den Büchern «Spiegelbild und Empathie» und «Kinder auf Zeitreise».

Ein drittes Forschungsgebiet, das Doris Bischof-Köhler besonders beschäftigt, betrifft die Entstehung von Geschlechtsunterschieden. Das Bedürfnis, sich mit diesem Thema zu befassen, ergab sich einerseits aus der in der eigenen Biographie gründenden Herausforderung, Beruf und Familie zu vereinigen und den sich daraus ergebenden Karriereschwierigkeiten. Zum anderen reizte es Doris Bischof-Köhler besonders, die biologische Perspektive in die Behandlung dieser Fragestellung einzubringen, womit sie sich u.a. heftigen Anwürfen von Biologiegegnern aussetzte.

Neben vielen Vorträgen zu geschlechtstypischen Unterschieden vor allem im Wettbewerbsverhalten hält sie seit mehr als zwei Jahrzehnten Vorlesungen zur Entwicklung von Geschlechtsunterschieden. 2002 erschien das Buch «Von Natur aus anders» (4., erweiterte und überarbeitete Auflage 2011).

München: Professur, Projektgruppe und Psychologiepreis

Als Norbert Bischof nach seiner Zürcher Emeritierung 1997 in München eine Honorarprofessur antrat, habilitierte Doris Bischof-Köhler sich an der Universität München für das Fach Psychologie. Bald nach Erhalt der Venia legendi wurde sie für das Wintersemester 2000/01 mit der Vertreteung der C-4 Professur für Entwicklungspsychologie betraut. 2005 wurde sie zur apl Professorin ernannt.

Ab 2000 erlaubten Forschungsmittel der Köhler-Stiftung und der Stiftung für Bildung und Behindertenförderung die Einrichtung eines Untersuchungsraums für Kinder, in dem Doris und Norbert Bischof gemeinsam mit Studierenden ein Projekt untersuchten, das sich mit kognitiven und motivationalen Veränderungen bei Drei-bis Sechsjährigen befasst und eine alternative Erklärung zu Freuds «Ödipus»-Theorie zum Thema hat. Hierzu sind inzwischen sechs Diplomarbeiten und eine Dissertation entstanden.

Im Jahr 2003 erhielt das Ehepaar Bischof von der DGPs, dem BDP und der Dornier-Stiftung den Deutschen Psychologiepreis.

Doris Bischof-Köhler wohnt seit 2000 mit ihrem Mann am Starnbergersee, und wenn sie sich gerade nicht mit Wissenschaft beschäftigt, genießt sie es, ihre Kinder und Enkelkinder zu Besuch zu haben.